Am Mittwoch, den 17. März erwachte der
Frühling aus seinem Winterschlaf.
Herrlichstes Laufwetter bei 19° und strahlendem Sonnenschein – wie
geschaffen, um die langen Tights in den Schrank zu verbannen und endlich
wieder in kurz zu laufen. Aber ob das Wetter ausgerechnet so kurz vor dem
Syltlauf halten sollte? Zuletzt hatte ich vor drei Jahren am Syltlauf
teilgenommen, damals bei Windstärke
6 aus Ost und gemeinem Schneeregen – nie zuvor hatte ich so lange
gebraucht,
um einigermaßen warm zu werden, und dass dummerweise ohne Handschuhe…
Die Vorhersagen für den Sonntag versprachen zwar ähnlich stürmisches
Wetter, aber immerhin angenehmere Temperaturen als beim 2001er-Lauf. Ein
letzter kurzer Lauf am Samstag bei schon aufkommenden Winden gab mir
zumindest die Sicherheit, dass das seit zwei Wochen etwas schmerzende Knie
mit einer festen Bandage halten sollte.
Leider musste ich den Weg nach Westerland am Sonntag allein antreten, da
der geplante Lauf mit Hendrik Schnoor aus Bamberg ausfallen musste, da er
sich mal wieder an der Achillessehne verletzt hatte – für einen langen
Lauf über 33,333km etwas hinderlich.
Pünktlich um 5:05 klingelte am Sonntag der Wecker, das nach einer Nacht,
die unruhiger kaum hätte sein können. Der Sturm tobte draußen und rüttelte
an unseren alten Fenstern, fegte kleine Müllkörbe durch die Straße und
meldete sich somit pünktlich zum Syltlauf in alter Stärke zurück. Egal,
trotzdem aufstehen, kleines Frühstück, Abschiedskuss für Frau und Hund
(Sohnemann schlief natürlich weiter), ab auf die Autobahn. Von Niebüll aus
weiter per Zug nach Westerland, im Zug lauter bekannte Gesichter vom LT
Heide gesehen. In Westerland warteten schon die Shuttle-Busse für die
ankommenden Läufer – alles perfekt organisiert (bis auf das Wetter!). Auf
dem Weg von Westerland nach Hörnum wurde im Bus gefachsimpelt, von wo der
Wind denn jetzt kommen würde, Seitenwind oder doch ausschließlich
Rückenwind?
Am Start klärte uns Franz Beilmann (Syltlauf-Organisator) auf, dass der
Wind mit einer Stärke von 6 Bft. aus West / Süd-West kommen würde – am
Nachmittag erst sollte er abnehmen.
Die Temperaturen betrugen ungefähr 6° - wesentlich angenehmer als noch vor
drei Jahren.
Als um 10:00 Uhr der Startschuss ertönte, machten sich zig Läuferbeine auf
den Weg über die Insel, nachdem Franz Beilmann vorher traditionell die
Frage „Seid Ihr reif für die Insel?“ hat verlauten lassen.
Die ersten gut neun Kilometer nach Rantum ging es entlang der L24 und der
imposanten Dünenlandschaft. Gaben diese den Blick frei auf die stürmische
See, fegte sogleich der Westwind an den Startnummern und testete die
Sicherheitsnadeln auf ihre Festigkeit – bzw. den jeweiligen Stoff des
Laufshirts. Teilweise stemmten sich die Läufer hintereinander gereiht wie
auf Kommando gegen den Wind, alle Oberkörper nach links gerichtet, um
nicht aus der Bahn geworfen zu werden.
In Rantum angekommen erreichten wir die erste Verpflegungsstelle,
Elektroyte und Wasser wurden gereicht, meine Zeit war genau im Plan. Ich
hatte mir eine Zeit von unter drei Stunden vorgenommen und wollte so lange
wie nur möglich einen 5er-Schnitt halten. Die ersten zehn Kilometer lief
ich in 50:11 Minuten – genau im Soll. Wie schon vor drei Jahren kam mir
der erste Abschnitt bis nach Rantum am längsten vor, keine Abwechslung im
Streckenverlauf, in der Landschaft und auf lange Zeit keine Häuser in
Sicht. Erst nach Rantum wird die Strecke wesentlich abwechslungsreicher.
Vor allem in Westerland kommt Stimmung auf, wenn die Promenade direkt an
der Küste erreicht wird. Doch kurz zuvor muss der Parkplatz vor dem
Einbiegen in den Sanddistelweg überquert werden, frontal gegen den Wind.
Zum Glück nur ca. 200 Meter – viel länger dürfte diese Passage nicht sein,
zu kräftig blies einem der Wind entgegen.
Dann das Einbiegen auf die Promenade, es ist Flut und die Wellen toben im
Meer – ein eindrucksvolles Bild. Die Stimmung bei den Zuschauern ist
super, das Laufen fällt einem hier besonders leicht, gut 16km sind
geschafft. Von hier ab laufe ich zusammen mit Silvia Burow aus Itzehoe,
beide wollen die 3-h-Marke unterbieten und haben das gleiche Tempo.
Für sie ist es der erste Syltlauf am Stück, nachdem sie im vergangenen
Jahr als Staffelläuferin erste Erfahrung auf der Insel gesammelt hatte.
Nach und nach holen wir einsam laufende Teilnehmer ein und halten den
5-Minuten-Schnitt auf den weiteren Kilometern durch Wenningstedt und in
den Dünen vor List.
Bei der letzten Verpflegungsstelle bei Kilometer 28 meldet sich dann doch
noch das bandagierte Knie. Wir machen eine Trinkpause, gehen ein
Stückchen, Silvia verfällt wieder in ihren gewohnten Laufschritt, ich
lasse es etwas langsamer angehen, da die Zeit immer noch im Soll ist.
Bis Kilometer 24 war Petrus sogar äußerst gnädig mit uns, Sonnenschein und
kein Tropfen von oben. Das sollte sich in der Dünenlandschaft ändern, der
Wind trieb den Regen von der See mitten in die Läuferschar.
Aber als echtes Nordlicht ist man dieses Wetter gewohnt und der Regen
störte nicht weiter. Die letzten Kilometer bis zum Zielort nach List
verlaufen zwar etwas hügeliger, aber Hendrik als echter Franke hätte
darüber wohl nur lächeln können.
Wohl weniger dagegen über den Wind, der einem auf der nach Westen
ausgerichteten Zielgerade entgegen blies, die letzten gut 400 Meter
mussten noch einmal frontal gegen den Sturm gelaufen werden.
Trotzdem langte es zu einer Zeit von 2:50:31 Stunden – immerhin
20 Minuten schneller als noch vor drei Jahren, perfekt!
Silvia hatte mir auf den letzten fünf Kilometern tatsächlich noch zwei
Minuten abgenommen – Glückwunsch dazu und Grüße nach Itzehoe!
Trotz der widrigen Wetterbedingungen war es wieder wundervoll, auf dieser
traumhaft schönen Insel zu laufen, vorbei an den Reet gedeckten
Friesenhäusern mit ihren Bauerngärten und Friesenwällen. Aber warum kann
ich diesen Lauf nicht auch einmal bei schönem Wetter erleben?
Vielleicht im nächsten Jahr, wenn es wieder heißt:
„Seid Ihr reif für die Insel?“
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